Sira Teil 5: Die frühe Gemeinschaft

 

In den ersten drei Jahren nach seiner Berufung wandte sich der Prophet mit der Botschaft nur an seine engen Familienmitglieder und Freude. Als Erste folgte ihm seine Frau Khadija in den neunen Glauben. Sie hatte ihm bereits bei seiner Rückkehr aus der Höhle ihren Glauben geschenkt, als er selbst noch von dem Geschehenen benommen war und vor Schreck zitterte. Es war ihr gelassenes Vertrauen auf die Weisheit Gottes und die Rechtschaffenheit ihre Mannes.
Ali, sein jüngerer Vetter, der seit einigen Jahren bei ihm lebte, soll sich ihm als Nächster angeschlossen haben. Auch Zaid, sein ehemaliger Sklave, hatte keinen Anlass, an ihm zu zweifeln. Er stammte aus einem Stamm im Norden der Halbinsel und war als Kind der Khadija geschenkt worden. Sie schenkte ihn wiederum Muhammad, der ihn freiließ und nach damaligem Brauch an Sohnes Statt annahm. Seither hieß er auch Zaid, der Sohn Muhammads. Als eines Tages sein Vater und sein Onkel gekommen waren, um ihn mit nach Hause zu nehmen, hatte er sich lieber entschieden, bei Muhammad zu bleiben. Auch Baraka, die schon erwähnte ehemalige Sklavin seiner Mutter, die er geerbt und freigelassen hatte, gehörte zu seinen ersten Anhängern. Aus dem Umfeld seines Haushalts traten noch mehrere Vettern und Basen in seinen Glauben.
Sein engster Freund Abu Bakr gehörte ebenfalls zu den Muslimen der ersten Stunde. Er war ein wohlhabender und angesehener Mann und beliebt für seine Weisheit und seine angenehme Ausstrahlung. Als er die Botschaft seines Freundes hörte, nahm er sie so intuitiv an, wie er ihm bisher immer geglaubt und vertraut hatte. Kurz danach trug er den Ruf des Glauben in seinen Freundeskreis weiter und ihm folgten einige von ihnen ebenso unmittelbar.

Verkündung nur im engen Bekanntenkreis

In den ersten drei Jahren nach der Berufung sollte der Prophet, Gottes Segen und Frieden über ihn, die Botschaft zunächst nicht öffentlich verkünden. Die Gemeinschaft wuchs auf mehrere Dutzend an, unter ihnen Reiche und Arme, Angesehene und Sklaven. Viele Männer und Frauen von herausragender Bedeutung für die nächsten Jahrzehnte der islamischen Geschichte waren unter ihnen: Abu Bakr und Uthman sollten nach dem Tod des Propheten Kalifen, der schwarze Sklave Bilal sollte eine der bekanntesten und beliebtesten Figuren der islamischen Geschichte werden.
Vom Koran wurden immer wieder neue Abschnitte offenbart, Verse von gewaltiger Schönheit und Einzigartigkeit – und ergreifender Wahrheit. Die Gläubigen trafen sich mit dem Propheten, der sie unterrichtete und mit ihnen betete. Es ging dabei nicht um Politik und Gesellschaft, sondern um Wahrheit und Tugend und vor allem um die Einheit Gottes.

Das Nachtgebet

Der Engel Gabriel brachte dem Propheten einigen Überlieferungen zufolge auch die Gebetswaschung und das rituelle Gebet bei, indem er sie vor ihm vollzog und er ihm zuschaute. Der Prophet zeigte es wiederum den Gläubigen und vollzog es mit ihnen zusammen. Das Gebet war damals die einzige rituelle Verrichtung der Muslime. Wir wissen nicht genau, ob es damals bereits eine Pflicht war oder nicht, auch ist nicht genau überliefert, inwiefern es unserem heutigen Gebet gleicht. Es scheint aber sicher zu sein, dass die fünfmalige Pflicht erst auf der Himmelfahrt des Propheten offenbart wurde. Sicher ist jedoch, dass das Gebet schon bald nach der Berufung Mittelpunkt der religiösen Praxis war.
Einige Zeit später wurde dem Propheten sogar das nächtliche Wachen im Gebet zur Pflicht gemacht:

O du Verhüllter! Verbringe die Nacht stehend (im Gebet) bis auf wenig Zeit davon, die Hälfte von ihr, oder verringere sie ein wenig, oder füge ein wenig hinzu - und trage den Koran klar in singendem Vortrag vor. Siehe, Wir werden dir da ein Wort auf, das von großem Gewicht ist. (al-muzzammil; 73; 1-5)


Der Prophet überbrachte den Sahaba alles ihm Offenbarte und sie nahmen es auf, als seien sie selbst unmittelbar angesprochen. Das lange Gebet in der Nacht sahen bereitete sicher auch auf kommende Zeiten vor, in denen eine starke Bindung zu Gott von großer Wichtigkeit, in denen das Muslimsein eine „schwere Sache“ (thaqil, oben übersetzt „von großem Gewicht“) sein würde.